Das nachfolgende Positionspapier steht auch als Download zur Verfügung:

Beschlossen von der 43. Bundeskonferenz im November 2015

Hindernisse für den internationalen Jugendaustausch im Visa-Informationssystem (VIS) abbauen!

Die Solidaritätsjugend Deutschlands bzw. unsere Partnerorganisationen im Ausland stoßen immer wieder auf Schwierigkeiten bei der Beantragung von Visa für die Teilnehmer_innen an internationalen Jugendbegegnungen. Die Einführung des Visa-Informationssystems (VIS) für den Schengen-Raum verstärkt diese Hindernisse zunehmend. Die Teilnehmer_innen von Jugendaustauschprogrammen werden zur Erlangung eines Visums verpflichtet, persönlich ihre biometrischen Daten bei einem Konsulat oder Visazentrum abzugeben. Das bedeutet, dass bei Gruppenbegegnungen alle Kinder und Jugendlichen sowie die Betreuer_innen zuerst eine Reise zum nächsten Konsulat bzw. Visazentrum vornehmen müssen. Dabei haben sie nicht die Garantie, anschließend auch ein Visum zu erhalten. Dies führt zu einem erheblichen finanziellen und zeitlichen Mehraufwand, der durch die Teilnehmer_innen und die meist ehrenamtlichen Betreuer_innen vielfach nicht geleistet werden kann. Insbesondere die finanzielle Mehrbelastung führt dazu, dass nur noch junge Menschen aus privilegierten Milieus Zugang zu internationalen Jugendbegegnungen haben.

Mit der Einführung des Visa-Informationssystems (VIS) im September 2015 in Russland wird bei Anträgen für ein Schengen-Visum das persönliche Erscheinen in einem Visazentrum zur Abgabe von Fingerabdrücken erforderlich. Gerade bei der Größe des Landes stellt diese Verpflichtung für Jugendliche und Betreuer_innen, die an Austauschmaßnahmen zwischen der Solijugend und unserer russischen Partnerorganisation teilnehmen möchten, eine erhebliche zeitliche und auch finanzielle Belastung dar. Eine Fortführung der deutsch-russischen Austauschmaßnahmen, die ohnehin nur durch ein besonderes ehrenamtliches und zivilgesellschaftliches Engagement der verantwortlichen Jugendleiter_innen möglich sind, ist durch diese Regelung stark gefährdet.

Auch bei unseren Partnerorganisationen in Marokko (AMEJ) und Algerien (ALEJ), die schon seit 2011 verpflichtet sind ihre Visa durch das VIS zu beantragen, registrieren wir seitdem eine große Einschränkung und einen erheblichen Mehraufwand bei der Reisevorbereitung. Externe Dienstleister, die durch Mitgliedsstaaten des Schengen-Raums beauftragt werden, die biometrischen Daten zu erheben, stellen aus unserer Sicht keine Alternative dar. Oft agieren sie sehr intransparent, verfügen über keine direkten Ansprechpartner für die Jugendlichen und Betreuer_innen und sind in Flächenländern nur unzureichend präsent. Der bürokratische Aufwand steigt für die ehrenamtlich tätigen Betreuer_innen dadurch massiv an und ist kaum zu leisten, insbesondere da zivilgesellschaftliche Strukturen in diesen Ländern nicht oder nur unzureichend finanziell gefördert werden.

Deshalb fordern wir, die Solidaritätsjugend Deutschlands zusammen mit unseren Partnern in Russland und Nordafrika, junge Menschen im Rahmen von öffentlich geförderten Jugendaustauschprogrammen vom Visa-Informationssystem auszunehmen. Alternativ sollten die biometrischen Daten nicht bei der Visabeantragung, sondern beim Eintritt in den Schengen-Raum (vergleichbar mit der Regelung in den USA) erhoben werden.

Die Solidaritätsjugend Deutschlands ist die eigenständige Jugendorganisation des RKB „Solidarität“ Deutschland 1896 e.V. und wurde 1954 gegründet. Als bundesweit agierender Jugendverband engagieren wir uns vor allem in der internationalen Jugendarbeit, der non-formalen Bildungsarbeit, der Jugendpolitik und dem Freizeitsport. Die Solijugend pflegt seit Jahrzehnten Kontakte zu Jugendverbänden, bzw. Jugendorganisationen in ganz Europa, Nordafrika und Russland. Ziel des internationalen Jugendaustausches ist es, die interkulturelle Begegnung von jungen Menschen im In- und Ausland zu ermöglichen. Unsere Jugendbegegnungen eröffnen Chancen für Bildung, Persönlichkeitsentwicklung und Teilhabe in einer durch Globalisierung geprägten Welt. Wir tragen so zur Friedenssicherung durch Verständigung und den Abbau von Vorurteilen bei und wirken Rassismus und Gewalt entgegen. Die Gegenseitigkeit, das heißt der wechselseitige Aufenthalt in den Partnerländern, ist für uns dabei ein wichtiges und zu förderndes Prinzip.