Vielleicht hat ja noch ein Verein oder ein Mitglied einen gelaufenen Brief mit einer abgestempelten Marke mit dem Überdruck? Nicht nur Klaus Wilbert vom RMSV „Frisch auf“ Düsseldorf ist interessiert an weiteren Informationen

Klaus Wilbert hat zwei Leidenschaften: Radfahren und Briefmarken. Durch die Kombination dieser Hobbys machte er eine kuriose Entdeckung.

Seit 55 Jahren ist Klaus Wilbert im RKB-Radsport aktiv. Ein weiteres Hobby von ihm ist die Philatelie, also das Erforschen und Sammeln von Briefmarken. Durch Zufall stößt Klaus vor einiger Zeit bei einer Auktion auf Briefmarken des RKB. Ihm war zuvor nicht bekannt, dass es Briefmarken mit dem Logo der Solidarität gab – wie wahrscheinlich den meisten oder allen Verbandsmitgliedern.

Selbst der niederländische Auktionator hat solche Briefmarken wohl noch nicht gesehen. Er kann sie jedenfalls nicht korrekt zuordnen und bezeichnet sie als „Saalgau“, wobei wohl „Saulgau“ gemeint war. Klaus ist nicht der einzige Interessent: Erstaunlicherweise gibt es eine Reihe von anderen Bietern, die bereit sind, bis zum Vierfachen des üblichen Preises ähnlicher Marken zu bezahlen. Womöglich, weil auch sie die Marken dem RKB zuordnen können. Doch am Ende ist Klaus derjenige, der sie ersteigert.

Nach 1945 üblich: Schwärzungen von Nazi-Marken

Die Marken sind – wie viele andere auch – in keinem Briefmarkenkatalog aufgeführt, den der passionierte Sammler Klaus kennt. Deshalb kann er nur Mutmaßungen über den Hintergrund ihrer Entstehung anstellen: Nach der Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945 wird der private Postverkehr für einige Wochen komplett eingestellt. Danach gibt es zunächst keine neuen Briefmarken der alliierten Besatzer. Und so muss man für einige Monate improvisieren. Die Marken des Deutschen Reiches sind noch massenhaft verfügbar, insbesondere Exemplare mit dem Abbild von Adolf Hitler. Klar, dass die nicht mehr unverändert verwendet werden sollen. Deshalb werden sie auf verschiedene Art und Weise überdruckt, sodass „der Führer“ nicht mehr zu erkennen ist. Sehr bekannt sind zum Beispiel die sogenannten „Sächsischen Schwärzungen“, weiß Klaus zu berichten: In rund 250 Postämtern in Sachsen werden damals ungefähr 250 verschiedene „Schwärzungen“ aufgedruckt. Aber auch in der französischen Besatzungszone, also in Südwestdeutschland, gibt es eine Reihe von Hitlermarken, die mit Orts- oder Regionsnamen überdruckt werden – zum Beispiel Saulgau, Ravensburg, Sigmaringen, Stuttgart oder Westerstede. Sogar in den anderen von Hitler befreiten Ländern werden regional ähnlich überdruckte Hitlermarken verwendet, insbesondere in Frankreich, Polen und der Tschechoslowakei.

Die beiden Ziffern sind nicht Vorbild für den beliebten Zahlencode der Neonazis, es handelt sich um eine Briefmarke mit dem Wert von acht Pfennigen. Zum Einsatz kommt ein alter Stempel – denn als der RKB 1933 verboten wurde, nannte er sich schon einige Jahre nicht mehr „ARB“ (Arbeiter-Radfahrerbund), sondern „ARKB“ (Arbeiter-Rad- und Kraftfahrerbund)

In vielen Orten der Besatzungszonen werden ab Mitte 1945 außerdem eigenständig neue Briefmarken gestaltet und gedruckt („Deutsche Lokalausgaben ab 1945“). Teilweise werden sogar auf private Initiative lokale Briefmarken gestaltet, sogenannte „Nichtamtliche Ausgaben“, die von den Besatzungsbehörden anschließend meist offiziell anerkannt, zumindest aber toleriert werden.

Ausnahmeregelung aufgrund des Verbots von 1933?

1933 wurde der RKB Solidarität verboten und musste in den Untergrund ausweichen. Für das Naziregime gab es dann nur noch einen einzigen deutschen Radsportverband, den unter dem neuen Kürzel DRV gleichgeschalteten BDR. Vielleicht sind die Alliierten nach dem Krieg aufgrund des Verbotes durch die Nazis ausnahmsweise bereit, der Solidarität das Recht zur Ausgabe von eigenen überdruckten Briefmarken zu gewähren, möglicherweise für den eigenen Bedarf. Denn als Sportverband ist man natürlich auch damals nicht befugt, selbst Briefmarken herauszugeben: Der Staat beziehungsweise die Alliierten haben die Posthoheit.

Fest steht, dass die Briefmarken Mitte 1945 entstanden sein müssen. Dass dabei ausgerechnet Adolf-Hitler-Marken verwendet werden, liegt sicher an der erwähnten großen Verbreitung dieser Marken – dennoch dürften die RKB-Funktionäre damals Genugtuung verspürt haben, Hitlers Konterfei abzustempeln. Wahrscheinlich sind die Marken bis Frühjahr 1946 in Gebrauch. Danach werden in Deutschland die neuen Briefmarken der Alliierten verwendet, bis zur Gründung der Bundesrepublik 1949.

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