Der neue Hallenrad-Europameister der Junioren ist der alte: Daniel Stark vom TSV Bernlohe. Nachdem er sich in der dreiteiligen Junior-Masters-Serie für die EM qualifiziert hatte, traf er am Wochenende in Wallisellen (CH) auf circa 80 Jugendliche aus zehn Nationen: Großbritannien, Finnland, Ungarn, Frankreich, Belgien, Österreich, Slowakei, Tschechien, Deutschland und das Gastgeberland Schweiz hatten Sportler und Sportlerinnen für die Europameisterschaft gemeldet.
Wie alle deutschen Starter zählte auch Daniel Stark zu den Favoriten. Gemeinsam mit Linus Weber aus Kirchdorf sollte er um den Titel bei den 1er Junioren kämpfen. Linus Weber hatte im Vorfeld beim direkten Aufeinandertreffen in diesem Jahr fünf der sieben Duelle gewonnen. Das störte die Bernloher aber nicht: 2022 hatte er sogar sechs gewonnen – und dennoch ging der EM-Titel nach Bernlohe. In Wallisellen waren die Kontrahenten nun auch Zimmergenossen – und sie verstanden sich richtig gut.
Mittwoch war Anreise in die Schweiz, am Donnerstag gab es erste Trainingseinheiten auf den Flächen und am Freitag startete der Wettkampf für die deutsche Nationalmannschaft. Natürlich war die komplette Mannschaft in der Wettkampfarena, wenn eines ihrer Mitglieder startete. Die 1er Junioren mussten sich bis Samstag gedulden und zwischendurch immer mal wieder eine kleine Trainingseinheit einschieben. Alles machte einen konzentrierten und gelösten Eindruck.
Dann kam die letzte Vorbereitung und Linus Weber ging aufgrund des geringeren Schwierigkeitsgrades seiner Kür als vorletzter Starter auf die Fläche. Gleich am Anfang fuhr er seinen Sattelstand und nach Ende einer Runde sprang er auf den Lenker. Für ihn eine sichere Übung, aber dann bekam er Übergewicht nach hinten und musste hinter das Rad springen. In Folge waren seine anderen Übungen immer ein wenig verhalten, immer ein wenig unsicher – und so reihten sich viele kleine Abzüge der Kommissäre aneinander und brachten ihm ein Ergebnis von „nur“ 181,83 Punkten.
Für Daniel war das schon ein Riesenvorteil, aber Ähnliches hatte er bei der Deutschen Meisterschaft schon mal erlebt – und dann ein unterirdisches Ergebnis hingelegt. Jetzt musste er es besser machen. Entschlossen ging er auf die Wettkampffläche, die Halle wurde still. Er verharrte einen Augenblick, stieg aufs Rad mit dem Rücken in Fahrtrichtung, fuhr eineinhalb Runden, hob die Beine, um aus der Vorhebehalte seinen Schweizer Handstand hochzudrücken und eine Runde zu fahren. Alles gut in der ersten Minute.
Dann die Steigerserie freihändig rückwärtsgefahren, bei der das linke Bein verschiedene Positionen einnimmt, während das rechte Bein immer gleichmäßig das Pedal kreisen lässt. Jede Position eine Runde. Gleich bei der ersten lag Daniel plötzlich auf dem Boden, verblüfft rappelte er sich wieder auf, fuhr die anderen beiden Übungen und da war auch bei ihm die Vorsicht zu spüren und die leichte Zaghaftigkeit. Bis zum dreifachen Drehsprung ging dann aber alles gut und der Kampfgeist kam zurück. Nur sechs Punkte Verlust, es durfte nur nicht noch was passieren.
Ab dem Kehrstandsteiger rückwärts gefahren war dann alles wieder in der Reihe und Übung reihte sich an Übung. Der Steuerrohrsteigerblock ganz ohne und der letzte Block mit nur wenigen Abzügen. Er hielt es durch, lies die eingeplanten Pausen etwas kürzer ausfallen und war bald wieder in der Zeitskala genau richtig.
Aber hält die Kraft, reicht die Konzentration? Wie oft schon haben die letzten zehn Sekunden über Sieg oder Niederlage entschieden? Ihm brannten die Muskeln, die Luft war viel zu knapp. Aber er wollte gewinnen, unbedingt. Er machte die letzten Kräfte mobil und schaffte auch seine letzte von dreißig Übungen der Fünf-Minuten-Kür.
Am Ende hatte er noch drei Punkte Vorsprung auf Linus Weber – und konnte sich wieder das Europameisterschaftstrikot überstreifen lassen.
Text und Fotos: Volkmar Zint